Was ist BIM?

Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014 empfiehlt bei öffentlichen Ausschreibungen die Nutzung von BIM als Kriterium der Vergabe. Immer öfter werden BIM-Kompetenzen in den Stellenausschreibungen der Architektur- und Ingenieurbüros erwähnt. Nun bemühen sich bereits Studierende, diese Kompetenzen während des Studiums zu erwerben, um sich dadurch besser am Arbeitsmarkt zu positionieren.

Aber wozu dient BIM eigentlich?

BIM: Software oder Tool?

BIM (Building Information Modeling) ist ein Tool, mit dem der Nutzer den Lebenszyklus eines Gebäudes oder einer Infrastruktur vollständig verwalten kann. Es kann die ganze Bandbreite der Lebenszyklus-Phasen der Bauten begleiten und abdecken: Vom Projektentwurf über die Ausführungsplanung, dem Vergabeverfahren, Planung und Überwachung der Bauausführung, bis auf die gesamte Wartung des funktionierenden Gebäudes und seinem endgültigen Abbau oder Abbruch. Dabei wird ein Modell generiert, das die ganze Information, die auf das Gebäude zutrifft, beinhaltet und zum "virtuellen Doppelgänger“ des gebauten Objektes wird.

CAD versus BIM… und was noch?

Was kann BIM mehr als CAD (Computer-Aided Design / Drafting)? Vielleicht ist einer der grundlegenden Unterschiede zwischen CAD und BIM derjenige, dass der CAD Arbeitsmodus auf einem System von Vektoren basiert, während BIM auf Objekten mit ihrem Set von Charakteristika basiert. Obwohl man im CAD sowohl 2D als auch 3D zeichnen kann, bleibt es letztendlich bei einer Sammlung von „informationslosen“ Linien, die ein Ganzes komponieren. CAD ist nichts anderes als ein Tool zum Zeichnen.

Die BIM Arbeitsweise erlaubt es, jedes Element genau zu definieren: als Einheit, mit dem eigenen Set an Eigenschaften, aber auch im Bezug zu den restlichen Komponenten des Modells. Ein Fenster in CAD ist eine grafische Darstellung dieses Elements; eine Zeichnung, die Sie mit Linien, Schatten und Verläufen detaillieren. Für jeden Maßstab des gedruckten Plans müssen Sie eine neue Zeichnung, mit dem veränderten Detailierungsgrad unseres Fensters, machen. In BIM ist das gleiche Fenster gleich ein 3D Objekt, das alle jeweiligen Eigenschaften, Besonderheiten und Funktionen umfasst. Jenseits der Dimensionen bestimmen Sie das thermische Verhalten des Fenstersystems, die Rahmenart, das Rahmenmaterial, die Öffnungsart, die akustische Performanz, die brandschutzbezogenen Daten, die Art des Fenstergriffs usw. Das System sagt Ihnen sogar, wo dieses bestimmte Objekt – unser Fenster – im Gebäude eingesetzt wurde. Wenn eine oder mehrere Eigenschaften unseres Elementes geändert werden, werden diese Änderungen automatisch überall, wo dieses Objekt im Modell vorhanden ist, aktualisiert. Diese gesamte Information optimiert die verschiedenen Arbeitsprozesse und trägt wesentlich zur Vermeidung von Fehlern bei.

Wie gesagt, das 3D Modell stellt die Grundlage dar, mit der Sie von Anfang an arbeiten und die immer ergänzt wird. Es beinhaltet nicht nur die geometrische Darstellung des Gebäudes – das modellierte Gebäude –, sondern auch eine ganze Reihe von Zusatzinformationen wie z.B. die tatsächliche geographische Lage des Projektes oder die Anzahl und Eigenschaften der eingesetzten Bauelemente (Türen, Fenster, Fußböden, etc.). BIM-Softwares bieten verschiedene Werkzeuge für die Entwicklung und Verwaltung des Modells an, sowie die Möglichkeit, mit anderen Softwares zu interagieren. Jeder Entwickler hat sein eigenes BIM-Pack von Dienstleistungen. Die Hauptsache für die Nutzer ist, dass die Information gut strukturiert ist! Heutzutage weiß man ja: Die Information ist das wertvollste Gut überhaupt, über Geldvermögen und Immobilien hinaus.

_{FrankBoston / stock.adobe.com}

BIM bietet neue Horizonte der Zusammenarbeit

Bezüglich der Arbeitsdynamik, reagieren BIM-Softwares auf die tatsächlichen Ansprüche der interdisziplinären Teamarbeit. Das BIM-System ermöglicht mehreren Benutzern gleichzeitig am Modell zu arbeiten. Diese kollaborative Fähigkeit des Systems verbessert die Arbeitsabläufe wesentlich und ermöglicht jedem Nutzer, den aktuellen Status des Modells zu prüfen und in Echtzeit mögliche Veränderungen zu sehen. Konfliktpunkte werden auch angezeigt, wie beispielsweise ein Lüftungsrohr durch den Träger. Während der Architekt die Trennwände plant, kann der Haustechniker zum Beispiel die Wasserleitungen einfügen.

BIM: Eine Alternative oder eine Notwendigkeit?

BIM klingt vielsprechend. Ist es die Zukunft? Ja! Ist alles so rosarot wie es sich anhört? Jein… Wie jedes super-komplexe Tool mit einer neuartigen Denkweise, steht das Glück nicht ganz so nahe. Wenn man in CAD innerhalb eines Tages vielleicht die Basics lernen konnte und damit schon etwas produzieren vermochte, ist es in BIM anders. Die Vielfalt der Informationen, die Sie von Anfang an schon angeben müssen und die entlang der Entwicklung des Modells dazukommen, bedarf einer höheren Expertise der Nutzer. Eine tiefgreifende BIM-Schulung ist daher ratsam. Aus unserer Sicht als BIM-Planer können wir Ihnen jedoch verraten: Entlang des Arbeitsprozesses gelangen Sie auch zum Glücksmoment, wo viel mehr da ist, als Sie dachten, sodass Sie solide auf ein unerwartetes Treffen mit dem Auftragsgeber reagieren. Und dann hat sich plötzlich alles bewehrt!

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