BIM: Die Frage ist nicht ob, sondern wie es kommt! - Dipl.-Ing. André Pilling von DeuBIM im Interview mit der Bausoft Solution
 
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BIM: Die Frage ist nicht ob, sondern wie es kommt! - Dipl.-Ing. André Pilling von DeuBIM im Interview mit der Bausoft Solution

Diese 10 Fragen zum Thema BIM beschäftigen die Bauwelt! Ist BIM die Zukunft von Bau- und Immobilienwirtschaft? Und wie profitieren große und kleine Unternehmen von dieser Methode? Erfahren Sie von Dipl.-Ing. Pilling, warum Sie jetzt auf BIM umsteigen sollen!

Dipl.-Ing. André Pilling ist Gesellschafter von POS4 Architekten sowie geschäftsführender Gesellschafter und Mitbegründer der DeuBIM Gruppe, ein unabhängiges Ausbildungs-, Beratungs- und Generalplanungsunternehmen, das insbesondere die Anwendung des openBIM in Deutschland mit vorantreibt.

DeuBIM Andre Pilling Bausoft

 

Bausoft: Herr Dipl.-Ing. Pilling, wenn es um die Definition von BIM geht, kommt es oft noch zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen. Können Sie BIM in wenigen Worten definieren?

Pilling: Hier zitiere ich gerne aus dem Stufenplan des BMVI für Deutschland: „Building Information Modeling (BIM) ist eine kooperative Arbeitsmethodik, mit der auf der Grundlage digitaler Modelle eines Bauwerks, die für seinen Lebenszyklus relevanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung übergeben werden.“

BIM ist eine Methodik und beschreibt die Art der Projektabwicklung.

 

B: Wie und wann hat BIM Ihre Aufmerksamkeit gewonnen?

P: Ich bin seit 20 Jahren im Bereich der Planung als Architekt tätig. Anders als in Österreich ist in Deutschland der Beruf des Baumeisters verlorengegangen. Hier gibt es unterschiedliche Definitionen und kleingliedrige Bereiche für Architekten. Der Baumeister beschreibt noch einen Allrounder, der einen guten Überblick in Sachen Planen und Bauen hat. 2011 lernte ich in den Niederlanden BIM kennen. In den Niederlanden war es zudem bereits üblich, dass Generalunternehmer sowie Auftraggeber über ein und dasselbe Modell sprachen und so einheitliche Datenquellen nutzten. Als ich zurück nach Deutschland kam, wollte ich BIM umgehend einführen. Allerdings war ich damals noch damit allein und BIM funktioniert alleine nun mal nicht. Erst wenn alle Akteure gemeinsam kommunizieren und kollaborieren entstehen Mehrwerte.

 

B: Was überzeugt Sie persönlich am meisten an der BIM-Arbeitsmethode?

P: Ich finde an BIM faszinierend, dass es zu 80 Prozent aus einem zwischenmenschlichen Miteinander und nur zu 20 Prozent aus Daten und Technologie besteht. Hier handelt es sich um eine neue Art des Miteinanders. Die Kommunikation findet anhand des Modells statt, teilweise auch durch automatisierte Prozesse, die wiederum anhand dieser Kommunikation stattfinden. Spannend an BIM sind daher die Kommunikation wie auch die Kollaboration.

 

B: Wie sehen Sie BIM jetzt in Europa und wo sehen Sie die Zukunft von BIM? Wird sich BIM durchsetzen?

P: Wir brauchen nicht zu diskutieren, ob BIM kommt. Die Fragen, die sich hier auftun, sind: Wie kommt BIM und für wen? Dabei möchte ich eines vorweg klarstellen: Dieses „eine“ BIM gibt es nicht. Es gibt unterschiedliche Anwendungen für unterschiedliche Anwender. Jeder hat einen ganz anderen Bedarf an der BIM-Anwendung.

Es muss zudem auch noch zwischen den unterschiedlichen Prägungen des BIMs unterschieden werden. In den USA und im Nahen Osten ist „closedBIM“ verbreitet. Dort arbeiten alle mit derselben Software. Der Vorteil: Die Schnittstellen sind überschaubar. In den Benelux-Staaten sowie in Skandinavien ist das „openBIM“ vorherrschend. Dies unterscheidet sich von „closedBIM“ insofern, dass keine einheitliche Software bestimmt wird. Hier können Architekt und Statiker unterschiedliche Softwares verwenden. Dabei soll vor allem die Komfortzone aufrechterhalten werden, jedoch muss ein herstellerneutrales Datenformat (IFC) genutzt werden. Wenn beispielsweise jemand ArchiCAD nutzt, muss man ihn nicht zur Revit-Anwendung zwingen. Jeder darf mit jener Software arbeiten, mit der er sich am wohlsten fühlt.

 

 

 BIM Experten Bausoft
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 Lesen Sie weitere spannende Beiträge zum Thema in unserer BIM-Blogreihe!

 

B: Es gibt noch viele Ängste. Wo sehen Sie die Hauptängste?

P: Es gibt tatsächlich noch Skeptiker. In Deutschland sind es zum Beispiel die Architekten, die sehr zögerlich sind. BIM ist ein Kulturwandel und jede Änderung tut irgendwo weh. Zusätzlich bedeutet so eine Veränderung, dass ich mein eigenes Können in Frage stelle. Da scheint die Reaktion natürlich, dass ich so einen Kulturwandel so lange wie möglich hinausschiebe. Ein anderes Beispiel sind die Baumeister, diese müssten wieder die Hoheit in den Projekten werden, aber so viel Verantwortung birgt die Angst vor Fehlern. Je länger Architekten und Co BIM hinausschieben, desto mehr nehmen sie sich selbst die Möglichkeit, BIM mitzugestalten. Eines Tages müssen sie es anwenden. Jetzt können sie noch entscheiden wie.

 

B: Wie begegnen Sie diesen Ängsten?

P: Ängste gehen auch damit einher, dass sich Fragen auftun wie: Wie soll ich das bewältigen und wie steige ich ein? Ein großer Bestandteil unserer Beratung bei DeuBIM ist das Change Management. Wir sehen uns vorab an, wer in einem Unternehmen BIM-Verantwortlicher werden kann. Wer kann begeistern und motivieren? Diese Person wird dann von uns gecoacht. Ungünstig hingegen ist jene Situation, wenn die Führungsebene sagt: „Ihr müsst jetzt BIM machen.“ Die erste Frage der Mitarbeiter ist in diesem Fall: Was ist das? Sie werden von einer solchen Entscheidung überfordert, denn sie müssen neben ihrem Arbeitsalltag nun auch noch BIM einführen. Daher setzen wir auf die Strategie: sukzessive begeistern, motivieren und einschulen.

 

B: Ist BIM nur etwas für große Unternehmen? Wo liegt der Mehrwert für kleine Unternehmen?

P: Hier müssen wir von einer Skalierbarkeit von BIM sprechen. Von da an wo die Überlegung stattfindet, etwas zu bauen, macht BIM bereits Sinn. Überspitzt gesagt: vom Hühnerstall bis zum Flughafen. Demjenigen, der den Hühnerstall in Auftrag gibt, kann ich gleich einmal zeigen, wie dieser aussehen wird. Wir nutzen BIM vom Einfamilienhaus bis zum Großprojekt. Allerdings unterscheidet sich hier die Anwendung. Bei großen Projekten steht am Anfang bis zum Ende beispielsweise ein Qualitätsmanagement an, bei kleinen ist dies nicht unbedingt notwendig. Aber auch hier entscheidet jeder Anwender, wie viel BIM er im Projekt machen will. Das ist damit gemeint, dass BIM skalierbar ist.

Viele glauben zudem, dass BIM nur für die Prozesse des Planens und des Bauens seien, in Wahrheit liegen die größten Mehrwerte jedoch im Bereich der Verwaltung und dem Betrieb von Gebäuden.

 

B: Empfinden Sie als Architekt, dass BIM Ihre Kreativität einschränkt?

P: Dem kann ich nicht zustimmen. Ich denke, dass Kreativität mit Digitalisierung einhergeht. Kreativität hat zudem mit schöpferischer Freiheit zu tun und diese ist bei BIM gegeben. Ob ich nun parametrisch entwerfe oder mit dem 6B Bleistift zeichne, ich kann selbst entscheiden, ob ich im Vorentwurf oder Entwurf einsteige mit der Modellbearbeitung. Mit BIM kann ich verschiedene Varianten am Modell abprüfen. Ich kann beispielsweise im Vorfeld herausfinden, ob mein Entwurf funktional, wirtschaftlich oder nachhaltig ist. Dies ist ein sehr kreativer Prozess.

In Deutschland wird oft behauptet, dass BIM die Planungskultur bedrohe. Ich sehe dies anders: Digitalkultur und Planungskultur bedingt sich gegenseitig. Zum Thema Kultur habe ich auch ein Zitat von Kant in mein Buch einfließen lassen, in dem er sagt, dass wir im hohen Grade durch Kunst und Wissenschaft kultiviert sind und dass die Idee der Moralität noch zur Kultur gehört. Ich finde diesen Ansatz spannend und frage mich: Was bedeutet eigentlich Moral im Zusammenhang mit der Digitalisierung?

 

BIM Buch Pilling Bausoft

"BIM - Das digitale Miteinander" von André Pilling erschienen im Beuth-Verlag.

 

B: Dies führt uns geradewegs zu einem weiteren Thema, nämlich Ihrem Buch „BIM – Das digitale Miteinander“. Wie kam es zu der Entscheidung, ein Buch über BIM zu verfassen und welche Intention steckt dahinter?

P: Ich war in der BIM-Szene bereits dafür bekannt, dass ich sehr praxisnah berichtete. Es war mir immer wichtig, praxisnahe Beispiele zu nennen, auch solche, die nicht funktionierten. Das unterschied meine von anderen BIM-Herangehensweisen. Deshalb kam der Beuth-Verlag auf mich zu. Meine Intention war es, ein Buch zu verfassen, das eben praxisnah einen einfachen Einstieg in BIM ermöglicht. Leserbriefe bestätigten mir, dass meine Idee von der leichten Wochenendlektüre auf dem Sofa richtig umgesetzt worden ist. Ich möchte mit diesem Buch anregen, sich mit der Methodik zu beschäftigen. Es gibt Antworten auf die Fragen: Was kann BIM für mich bedeuten und wie schaffe ich den Einstieg.

 

B: An wen richtet sich Ihr Buch?

P: Um die Digitalisierung der Baubranche möglichst effizient umzusetzen, hilft ein Blick über den Tellerrand: Wie machen das andere Branchen, wie haben die sich digitalisiert? Ein Kapitel in meinem Buch geht auf dieses Thema besonders ein, indem es die Frage stellt: Ist der Bauer digitaler als der Bauherr?

Mir war eine ganzheitliche Ansprache sehr wichtig, daher richtet sich mein Buch nicht nur an Planer, Bauherren und Verwalter, sondern darüber hinaus an andere Branchen. Auch wenn die Digitalisierung in der Baubranche erst spät kommt, später als beispielsweise in der Automobilbranche, so finden vielleicht solche Vorreiter wiederrum unsere Ansätze interessant.

Zusammengefasst richtet sich mein Buch an alle Akteure der Bau- und Immobilienbranche sowie über diese Branchen hinaus an alle, die Interesse an der Digitalisierung haben.

 

B: Haben Sie abschließend noch Ratschläge für Unternehmen, die BIM implementieren möchten?

P: Strategie der kleinen Schritte, Raum für Fehler geben und sich realistische Ziele setzen.

 

Vielen Dank an Herrn Dipl.-Ing. André Pilling für das spannende Interview!

 

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Wie sehen Sie die Zukunft von BIM? Lassen Sie uns Ihre Meinung wissen! Ihre Carmen Hammer vom Bausoft Team!

 

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  • Gepostet von:

    Marketing- und PR-Managerin & "Kreatives Köpfchen" bei Bausoft GmbH & Co KG

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